Mantren und Musik
aus Indien
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Notizen aus Prashanti 2013

Veröffentlicht am 30.09.2013

Ja, Prashanti hat sich schon wieder verändert, noch professioneller, straffer organisiert, der Charme der ersten Male wird weniger und weniger.

Prashanti – schon wieder anders

Ja, Prashanti hat sich schon wieder verändert, noch professioneller, straffer organisiert, der Charme der ersten Male wird weniger und weniger. Zu viele Menschen, Getümmel, eine neue Fakultät wurde gebaut, Ayurveda Therapeuten und Ärzte sollen verstärkt ausgebildet werden, allein für weibliche Studenten ein riesiger Wohnkomplex für 360 Studentinnen. Beim Essen immer mehr Kampf, wer zuerst kommt kriegt noch Früchte, oft geht vieles zu früh aus, der Speisesaal häufig überbesetzt, unübersehbar laufen Planung und Realität auseinander. Na ja, auch hier “Grenzen des Wachstums”.

Die Therapien sind jetzt auch straffer organisiert. Ayurvedamassage nur noch 2 mal die Woche, nicht mehr täglich, nur für ein Körperteil, nicht mehr ganzer Körper. MMMMhhh ?? Will man mehr, kann man das extra erwerben, zu Preisen die schon fast deutsches Niveau haben. Dafür gibt es jetzt 5 mal die Woche ausgiebiger Physiotherapie, hier haben Qualität und Angebot deutlich zugenommen, und dann auch neu und wirklich gut: Naturapathie, Massagen und Wasseranwendungen aller Art. Und als Krönung für uns: Akupunktur bei Dr. Apar, einem jungen Arzt und Assistenzprofessor. Er hat goldene Hände und noch mehr Wissen, er nadelt göttlich und unglaublich effektiv. Rückenqualen, Restless Leg, Spastik, alles ergreift die Flucht wenn Apar mit den Nadeln kommt. Gut, er hat ja auch das beste Staatsexamen in ganz Indien gemacht in seinem Jahrgang, für mich das beste diesmal in Prashanti. Die übrigen Dinge unverändert, Special Techniques, Meditationen, MSRT für uns alles mehr als Routine, da sind wir einfach schon viel weiter.

Als PET nur sehr annäherungsweise vermittelt wird, erkennt man schnell dass ich da einiges weiter bin und bittet mich PET zu halten. Der bisherige Instruktor erklärt mich dann zu seinem GURU und wir erarbeiten viel zusammen. MSRT besuchen Liesai und ich immer in der “Hindi-Klasse”, da ist es nicht so übervoll, Klang-Resonanz-Energie alles viel Tiefer, fliessender. Inhale, atme ein, heisst da “swas lijiye” und Klang und Resonanz sind bei unseren Sitzungen mit 3 bis 5 Teilnehmern unter die Haut gehend gut.

Leah die junge Psychologin aus Wien (eigentlich aus Witzenhausen) ein paar Tage vor uns auf meine Vermittlung zum Instruktor Kurs angereist, sitzt meist bei uns beim Essen, sie nimmt Lernen und Prüfung sehr sehr ernst, stresst sich fast unyogisch saugt aber die für sie völlig fremde Welt des Yogas, und jetzt auch mit ihrem im Kurs gefundenen indischem Freund dieses geheimnisvolle Land von Nord bis Süd auf. Zur Zeit sind sie in Dharamsala. Vikas kümmert sich rührend um sie, lernt mit ihr, Hanish verdreht tagelang seine grossen Pupillen, schleicht herum, tänzelt, liest Wünsche von Augen ab.  Er fährt für sie 2 mal nach Bangalore, kauft ihr indisches Gewand, tauscht es wieder um, kauft einen Kopfhörer für`s Smartphone, liest wieder Wünsche von Augen und Lippen ab und wird doch nicht erhört. Ein paar Tage meidet er uns beim Essen wenn Leah mit ihrem Auserwählten am Tisch sitzt, aber irgendwann erkennt er seinen Staus an.

Vikas ist auch rührend um uns besorgt, er versucht einfach das zurück zu geben was ich ihm Deutschland betreuend gab, wir bekommen Kuchen, Zwiebackähnliches, Obst und auch immer wieder sein Büro um mal ins Netz zu kommen. Ja und dann lädt er uns (Lisai, Leah, mich) in ein Clubhaus zum Essen ein, war echt lecker da. Und lustig auf dem Klo. Denn ein Bus voller Weiber war zum Essen gekommen, alle mit Blasenschwäche, dann ich allein auf dem Herren-Klo seh mich plötzlich umringt von kreischend herein stürmenden Frauen, sie halten mich für Luft, suchen nur eins, eine Toilette, einen Sitz, Erleichterung. Und so schauen sie defokussierend durch mich durch, während ich mein Hosentürl schliesse, sie kirchern, plappern, kreischen wie die Affenhorden unter einem Mangobaum voller frischer Früchte. Man so was in Indien, im prüden gschamigen Indien, ich bin konsterniert und amüsiert zugleich.

Zum Abschied beim Frühstück dann ein netter Akt des Yogi: er drapiert eine Kokosnuss mit roten Bändern, steckt Blätter schmückend dazu, malt ein Gesicht drauf und überreicht es Leah als Geschenk.

Mit Liesl gibts manchmal ein wenig verstörendes Verhalten von Hanish. Macht Liesai richtig traurig der Depp. Als er erfährt dass ich nicht mit in den Wildpark von Banneraghata und nach Bangalore mitfahre, will er das Ganze mit allen Mitteln der Indischen Schwindelkunst abblasen, ohne Erfolg, ich mach ihm den nötigen Druck. Und dann kommt noch eine junge Australische Ärztin (Jessie) dazu, das überzeugt ihn dann doch, der Gockel kann wieder krähen und der Indianerhäuptling “sprühender Charme” findet in sein Revier zurück. Dieser Ausflug wird lang, ewig lang und ich mach mir schon Sorgen als die 3 nach 12 Stunden immer noch nicht zurück sind. Hui denk ich mir, da wird Liesai scheisse drauf sein wenn sie zurück ist, wollt doch höchsten 3 bis Stunden weg um dann auszuruhen. Aber ihr Programm war einfach heftig, zu heftig. Banneraghata- irgendein Elektronik Markt in Bangalore (was für Leah kaufen)- Besuch des riesigen Con-Tempels, im UB-Building essen, Shoppen in der MG-Road- Besuch eines übergroßen Einkaufszentrums- Bewältigung von unendlichem Stau und Durchdringen Abgas geschwängerter Luft im Freitäglichen Stoßverkehr von Bengaluru. Liesai erträgts, mit Jessie sich gut anfreundend, mit der stoischen Gelassenheit eines in sich ruhenden Yogis, äh Yogini mein ich natürlich. Und wieder ein Chapeau von mir.

Lang sind wir auch auf der Suche nach geeigneten Räumen (Wand, Hintergrund, Licht) um mit Hanish die Bilder für`s Buch zu schiessen. Gar nicht so einfach, mal ist es zu dunkel, meist sind die Wände zu schmutzig, irgendetwas passt immer nicht.
Liesai geht mit Hanish auch den steilen Weg zum neuen “Girl`s Hostell”” das noch nicht eröffnet ist, hier sind die Wände noch sauber als Hintergrund, sie schiessen ein paar Probebilder, wär nicht so schlecht da, aber der Weg ist mir zu weit und steil. Und 2 Tage später werden die Räume dann eh bezogen. Wieder nichts. Am Ende mach ich einen viel versprechenden Versuch in den Räumen der Physoitherapie. Wir stellen eine grosse Gymnastikmatratze senkrecht, Hanish montiert Vorhänge ab, wir drapieren die gelbe Matratze weiss und auch den Fussboden. Das Photoshooting kann mit einem von Vikas beschafften Stativ beginnen.

Immer noch Notlösung, aber machbar. Am letzten Phototag, wir sind fast fertig, da kommt plötzlich ein älterer Wichtigtuer und schnautzt uns an, wer uns erlaubt hätte hier Photos zu machen. Ich sag ihm “ Dr. Nagarathna”. Er will eine schriftliche Genehmigung, ich sag ihm wer alles das genehmigt hat, aber er will “written permission”. Ich frag ihn höflich ob er sich nicht vorstellen möchte, welche Funktion ihn so wichtig mache und ob nicht die Vereinbarung mit Dr. Nagarathna genug sei, was er aber nicht für nötig erachtet. Tobt und schreit unyogisch rum, und dampft davon. Wir machen die Bilder fertig und räumen wieder auf. Es war der Leiter der Physiotherapie, der einmal im Monat vorbeischaut, seltsam unyogischer Beamtentyp, eigentlich Untergebener von Didi Nagarathna, mit Yamas und Nyamas nicht sonderlich vertraut. Na ja, ein unwichtiger der sich zu wichtig nimmt.

Dann nochmal Fahrt nach Bangalore in die große Shopping-Mall. Wir kaufen Seidentücher und ich lass am Ende meinen Geldbeutel mit allen Karten dort liegen. In Prashanti fang ich hektisch zu suchen an, wir rufen in dem Laden an, tatsächlich ist der Geldbeutel noch da, Hanish fährt am nächsten Morgen nochmal hin und ich freu mich über soviel Glück und Ehrlichkeit.

Seit ein paar Tage sind 2 Orange gekleidete Mönche aus Rishikesh im Speisesaal, sie nehmen fleißig an allen Massagen und Therapien teil und genießen sichtlich all die Wohltaten die solchen Wandermönchen als überall kostenfreien Gästen in Ashramas zustehen. Bei einem bin ich mir nicht so sicher ob er nicht nur mit dieser Masche reist, seine Augen hängen hungrig an weiblichen jungen Körpern, er behandelt vor allem Inder recht herablassend, seine Hände tätscheln gern mal an Schenkeln oder Gesäß von vornehmlich jungen nicht Asiatinnen (z.B. auch bei Jessica) Er bittet mich ihm Zeit für ein Gespräch zu gewähren. Wissen will er dann ob ich ihm helfen könne nach Europa zu kommen, Spanien, Frankreich, Italien würde er gerne bereisen. Hmm, ich kann da leider nicht helfen, irgendwie ist er mir nicht sympathisch.

Bei den special Techniques ist immer eine süße Koreanerin mit riesengroßen strahlenden Augen und zärtlich flüsternder Stimme: Mihwa ist ihr Name, studiert dort und bei den special techniques helfen immer Studenten den Patienten die bestimmte Übungen nicht allein ausführen können. Sie arbeitet super mit mir, fast schon hingebungsvoll, verbessert meine Haltung, ich lerne viel von ihr. Wenn sie mich anspricht, geschieht dies flüsternd: „Uuskar“ nennt sie mich. Vikas gefällt das nicht so, wird wohl eifersüchtig, als er merkt dass sich unsere Augen immer wieder mal verzahnen und verhaken und ein Hauch von Zärtlichkeit von ihr ausgeht wenn sie mit mir arbeitet. Mann Vikas, bleib cool alter Inder, bleib Mensch.

Eines Abends bekommt Liesai Besuch in ihrem Zimmer, viel Besuch, ein Dutzend oder mehr Kakerlaken liegen in ihrem Bad, alle auf dem Rücken, mit den Füssen strampelnd wie in Kafkas Verwandlung. Sind wohl irgendwo vergiftet worden und über den Gulli zu Liesai`s Bad geflohen. Hanish lernt ihr das fachgerechte entfernen durch Anheben an den langen Fühlern, dann raus damit in den Hof. Ob sie es überlebt haben weiß ich nicht, aber Liesai hab ich ob ihrer Gelassenheit bewundert, oder soll man sagen „am Oberbayern graust`s vor gar nix, der kennt koa Angst, der bleibt in sich ruhend“.
Und dann wird Liesai plötzlich krank, wie aus heiterem Himmel. Bellend und keuchend nun die Nächte über meinem Zimmer, trockener Husten hat das gewohnte Schnarchen aus dem Zimmer über mir abgelöst. Zwei Tage fällt sogar die geliebte Akupunktur aus, zum Essen bringt Hanish ihr auf`s Zimmer, Vikas umsorgt mit Zwieback, Fruchtsäfte werden kredenzt, und PET und Pranayama tun ihr Übriges zur Heilung und Genesung. Bis zu den Nilgiris ist dann wieder alles im Lot.

Nach den Nilgiris verbringen wir eineinhalb Tage im Fantasy Golf Ressort, wie schon einige male vorher vor den Abreisen. Nur 10 Minuten zum Flughafen, schönes Ambiente unter Palmen, beim Frühstück plötzlich ein grasendes Pferd neben dem Tisch im Garten. Am Abend wieder eine Lehrstunde über Indische Kultur und Gebräuche. Wir kommen mit dem Guide vom Hotel ins Gespräch und er erklärt, dass heiraten niemals für ihn in Frage käme, ja es schüttelt ihn fast bei dem Gedanken an ein solches Tun. Er habe mit einigen Freunden gesprochen, die geheiratet hätten. Es lohne sich wirklich nicht, zu viel Aufwand, zu viel Aufgabe, zu viel Verantwortung für das bisschen Vergnügen. Denn nur in den ersten 3 Monaten hätten die Freunde „pleasure“ gehabt, meist sogar einmal pro Tag. Und dann ? Dann schlafe das ein, vielleicht noch einmal im Monat und mehr gehöre sich dann auch nicht, und die Frauen sollten das auch gar nicht wollen. Und mit 45 sei dann eh Schluss bei den Frauen, pleasure sei dann ganz unschicklich, gehöre sich nicht. Liesai`s und meine Versuche ihm Liebe und Sexualität anders zu erklären lösen fast panikartiges Entsetzen aus. „Oh my good, that is impossible, no way, no way“. Männer können doch dann ins Puff gehen, dafür seien die doch da, wenn sie, entsprechend den Gesetzen der Natur noch immer pleasure wollten, aber Frauen wollen doch gar keinen pleasure mehr, das sei die Natur der Sache, und wenn doch, dann sei das nur Ausdruck der Unbeherrschtheit und Zügellosigkeit. Ja wir wissen es eh schon: Frauen können nur schwer mastery over mind und schon gar nicht, niemals gar nicht, Erleuchtung erlangen. Wir geben auf.

Nach dieser lehrreichen Exkursion ins indische Liebesleben fahren wir abends um 11H zum Flughafen, alles funktioniert bestens, angenehmer Flug nach Paris, Liesai endlich wieder in ihrem Element. Wir haben jeder für sich eine Zweierreihe am Fenster und Liesai schafft es tatsächlich mit artistisch zusammengeklapptem Körper auf diesen 2 Sitzen quer zu liegen, ungestört träumend ob ihres längst überfälligem Ablaufdatum in Sachen pleasure & Co. Ich dagegen schaue mir zuerst „Django Unchained „ (von Quentin Tarantiono, mit Christoph Waltz an, wirklich sehenswerter Film) und dann die unendlich faszinierenden Landschaften des Inner-Asiatischen Kontinents bis zum schwarzen Meer, dann schlafe auch ich.

Zum Abschluss in Paris noch der mieseste Service den wir je hatten, kein Rollstuhlservice, dann nur für einen, Liesai zuerst, schwieriges Herunterklettern über hohe Busstufen, ich wartend in einer zugigen Durchfahrt im „irgendwo Land“, Liesai irgendwo anders, aber wo, ich gefangen in einer Schleuse wo sich weder vorne noch hinten die automatischen Türen öffnen wollen, entnervt schmeiße ich irgendwann meine Rollator in eine Ecke des Glaskastengefängnisses.

Ja, Zeitdruck kommt auf, den Flieger nach München noch zu bekommen, im Laufschritt werden wir am Ende gerade noch rechtzeitig zu unserem Terminal gebracht. Emirates war doch besser. Aber eines hat in München dann geklappt: Diesmal hatten wir unser Gepäck, in Bangalore bei der Hinreise erst 2 Tage später.

Acce Mane India, see you again.

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